Pressebericht zur Nachtvorlesung vom 18.09.19 in Alzey: „Op’s gegen Übergewicht“

Autor: Barbara Mümpfer, Allgemeine Zeitung Alzey

Menschen mit deutlichem Übergewicht sind nicht disziplinlos, sondern krank. Mit dieser Feststellung traten gleich drei Mediziner während der „Nachtvorlesung“ im DRK Krankenhaus dem Vorurteil entgegen, sehr dicke Männer und Frauen müssten sich „nur“ Diät einhalten und Sport treiben, dann würden sie ihre Pfunde schon loswerden. „Fettleibigkeit ist eine Krankheit“, stellte demgegenüber Prof. Dr. Norbert Runkel, Chefarzt der Chirurgie am Sana-Klinikum in Offenbach, fest. „Adipositas entsteht durch eine Störung der Selbstregulation von Hunger und Sättigung und ist keine Frage der Disziplin.“ Deshalb endeten Hungerkuren auch so gut wie immer mit einer erneuten Gewichtszunahme. Weitaus erfolgreicher sei die operative Therapie, bei der der Magen mit einem minimalinvasiven Eingriff verkleinert werde.

Obwohl die Zahl der dicken Menschen in Deutschland immer mehr zunimmt, waren zu der von Gesundheitsnetz Region Alzey e. V.und der Allgemeinen Zeitung veranstalteten „Nachtvorlesung“ über „Operationen zum Abnehmen“ nur wenige Zuhörer gekommen. Moderator Dr. Günter Gerhardt bedauerte das, denn man konnte an diesem Abend viel Neues über die chirurgische Behandlung von Übergewicht erfahren. Prof. Dr. Runkel gab einen auch für Laien gut verständlichen Einblick in die Methoden, die angewendet werden. So verkleinert man den Magen des krankhaft übergewichtigen Patienten nach seinen Worten schon längst nicht mehr mit einem eingeführten Ballon oder einem Magenband, sondern legt einen Magenbypass oder formt einen „Schlauchmagen“. Damit sei eine Reduktion des Körpergewichts um 50 bis 80 % möglich. Komplikationen träten nur selten auf, allerdings müsse man im Anschluss an die Operation seine Lebensweise ändern. „Adipositas ist wie eine Sucht – sie kämpft sich immer wieder zurück“, erklärte der Mediziner. Doch obwohl es sich um eine Krankheit handele, seien die gesetzlichen Krankenkassen sehr zurückhaltend, wenn es um die Genehmigung einer Operation gehe. Dr. Gerhardt rief daher die Zuhörer auf, sich im „Patientenforum“ zu engagieren und gemeinsam mit den Ärzten für eine bessere medizinische Versorgung zu kämpfen.

Die Dipl.-Psychologin Lisa Haverkamp erstellt vor einer OP Gutachten über den Zustand des Patienten und betreut ihn auch nach dem Eingriff. Sie hat festgestellt, dass ein ganzes Konglomerat von körperlicher und genetischer Veranlagung zusammen mit psychischen Problemen zu einem krankhaften Übergewicht führen kann. „Sehr viele Menschen haben sich einen Schutzpanzer aus Fett zugelegt, der sie vor der Welt abschirmen soll. Wenn der plötzlich wegfällt, treten ganz neue Probleme auf.“ Deshalb sei es wichtig herauszufinden, welchen Grund die Patienten haben, zu viel oder das Falsche zu essen. Und man müsse sich vor der OP überlegen, wie man anschließend mit Stress-Situationen umgehen wolle, ohne gleich wieder eine neue Sucht zu entwickeln.

Weiterführende Links: www.das-patientenforum.de

Dass man nach einer Magenverkleinerung zwar ein Mehr an Lebensqualität erlebt, aber trotzdem einschneidende Veränderungen akzeptieren muss, war dem Bericht einer betroffenen Patientin zu entnehmen. Katharina Gast hatte sich 2015 in der Sana-Klinik operieren lassen. Damals wog sie bei einer Größe von 1,58 Metern 120 Kilogramm; heute bringt sie 67 Kilogramm auf die Waage. „Es ist kein leichter Weg“, gab sie zu bedenken. Anfangs habe sie ständig Hunger gehabt, konnte aber nur wenig essen. „Nach einem Löffel war ich schon satt, aber nicht befriedigt.“ Auch die zwingend notwendige Einnahme von Mineralstoffen und Vitamintabletten fünfmal täglich sei mit der Zeit lästig. Und sie habe lange mit der Krankenkasse ringen müssen, bis sie eine operative Entfernung der überschüssigen Haut genehmigt bekam.

 

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