Milz

– die Polizei für Blut und Abwehrkräfte –

4711- Diese Zahl erinnert Sie sicher eher an Ihr „Eau de Cologne“ als an einen Polizeinotruf. Aber Ihr Körper greift bevorzugt auf diese Nummer zurück, wenn es um seine Verteidigung geht, denn die ovale Milz mit den Ausmaßen 4 x 7 x 11 (Höhe/Breite/Länge) spielt eine wichtige Rolle in unserem Immunsystem. Sie liegt von einer bindegewebigen Kapsel umgeben und durch unsere Rippen geschützt im linken Oberbauch. Dort filtert sie unermüdlich über 600 Liter Blut pro Tag. Das Blut, das aus der Bauchschlagader stammt, verteilt sich in dem Maschenwerk des Milzgewebes (rote Pulpa) und muss von dort aus wieder seinen Weg in die abführenden Gefäße finden. Dadurch verweilt es einige Zeit in dem oft wenig beachteten Organ und kann so durch die Fresszellen (Makrophagen) u.a. von Eindringlingen wie Bakterien gereinigt werden. Neben diesen „Aufräumern“ gibt es aber noch die Lymphozyten: Zellen, die körperfremde Strukturen erkennen und dagegen Antikörper bilden. Zum Beispiel im Kampf gegen die Grippe oder eine Lungenentzündung. Da die Zellen nicht ortsfest sind, strömen sie von der Milz aus durch den Kreislauf, um an den Stellen, an denen sie gebraucht werden, tätig zu werden.

Neben ihren Aufgaben im Immunsystem dient die Milz der „Verjüngung“ des Blutes. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) müssen durch enge Schlitze aus der Pulpa wieder in die Gefäße gelangen. Alte Erythrozyten können sich aber nicht mehr so gut verformen und verbleiben länger im Milzgewebe. Dadurch werden sie bevorzugt von den Fresszellen abgebaut. Das dabei freigesetzte Eisen kann zur Bildung neuer Blutkörperchen im Knochenmark wieder verwendet werden. Bei Kindern übernimmt die Milz bis zum sechsten Lebensjahr selbst diese Aufgabe. Die Eisenverwertung ist sehr wichtig, denn findet sie nicht ordnungsgemäß statt, kann eine Blutarmut (Anämie) die Folge sein. Dank der Milz müssen wir wesentlich weniger Eisen zu uns nehmen, als wir tatsächlich brauchen. Dennoch sollten besonders Frauen auf eine ausreichende und gleichmäßige Eisenzufuhr achten, denn durch die Menstruation geht stets Eisen verloren. Pro Tag kann der Körper nur 1-5 mg dieses Spurenelementes aufnehmen: Kurzfristige Einnahme von nahrungsergänzenden Tabletten, die ca. 100- 200 mg Eisen enthalten, ist deshalb nicht sinnvoll.
Beim Abbau des Farbstoffs der roten Blutkörperchen entsteht auch Bilirubin. Dieses wird mit Hilfe von Eiweißen über das Blut zur Leber geleitet, um dort so umgebaut zu werden, dass es leichter ausscheidbar wird. Dadurch kommt die Farbe unseres Kots und Urins zustande. Werden nun in der Milz zu viele Blutkörperchen aus dem Verkehr gezogen, so kann es passieren, dass sich die Konzentration des rötlichen Bilirubins im Blut so stark erhöht, dass die Leber mit der Verwertung überfordert ist. Als Folge dessen verfärben sich die Haut und besonders die Bindehaut des Auges gelblich, was allgemein unter dem Begriff der „Gelbsucht“ bekannt ist.
Die Milz ist nun aber nicht nur für die Reinigung, den Abbau und die Verwertung von wichtigen Substanzen zuständig, sondern dient in Ruhezeiten auch als Blutspeicher. Über 30 Prozent der weißen Blutkörperchen werden hier aufbewahrt, ebenso die Blutplättchen, die wir für die Blutgerinnung brauchen. Nach einer reichhaltigen Mahlzeit benötigt der Magen-Darm-Trakt vermehrt Blut, welches durch die Milz dann schnell zur Verfügung gestellt wird. Betätigt man nun auch noch die Muskeln z.B. beim Joggen, so gibt die Milz vermehrt Blut für die Muskelversorgung frei. Dabei kann es vorkommen, dass sie sich zusammenzieht. Dieses Gefühl kennen wir, denn das ist das berühmte „Seitenstechen“. Aus diesem Grunde sollte man vor dem Joggen nur wenig essen und trinken. Wenn es zum Seitenstechen kommt, dann sollten Sie am besten das Tempo reduzieren, sodass wieder Blut in die Milz einströmen kann.
Im Normalfall spürt man die Existenz der Milz nicht. Erst wenn sie auf das doppelte Gewicht anschwillt, kann man sie ertasten. Als Folge können Schmerzen auftreten, da die Milz auf den Magen oder Darm drückt. Das relativ kleine Organ kann auf das ca. Zehnfache seines Gewichtes, also auf 2 Kilogramm anwachsen. Sobald Sie die Anwesenheit der Milz spüren, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen. Auch Abgeschlagenheit kann von einer Fehlfunktion der Milz herrühren. Da man bereits früher vermutete, dass Missstimmungen, üble Laune und Melancholie durch eine Erkrankung der Milz hervorgerufen würden, hat sich aus der Anatomie eine Redewendung bei uns eingebürgert. Das englische Wort „Spleen“ kommt nämlich aus der Medizin, wo Splen gleichbedeutend mit Milz ist. Die Redensart „Der hat einen Spleen“ heißt demnach, dass jemand – ursprünglich durch die Milz bedingt – geistig nicht ganz normal ist.

Brauchen wir die Milz?

Nach einem Unfall, bei dem es zu inneren Blutungen kam, wurde die Milz früher möglichst schnell operativ entfernt. Menschen können ohne Milz leben, aber – das weiß man heute – nicht mehr so gut. Denn sie spielt eine bedeutsame Rolle im Immunsystem. Deswegen versucht man heute, sie größtenteils zu erhalten. Mit einem natürlichen Eiweißkleber (Fibrinkleber) versucht man, die Blutung zu stillen. Da eine Naht aufgrund des weichen schwammartigen Milzgewebes nicht hält, umgibt man die Milz zusätzlich mit einem Netz aus sich selbstauflösenden Fasern.
Muss die Milz aufgrund der Größe der Verletzung jedoch entnommen werden, so übernehmen andere Organe – in erster Linie die Leber – nach und nach die Funktionen der Milz. Unmittelbar nach einer Milzoperation ist die Abwehrkraft des Körpers aber noch stark geschwächt. Deswegen wird vorbeugend gegen Pneumokokken (Erreger der Lungenentzündung) und bei einer totalen Milzentfernung gegen die Grippe geimpft.

Krankheiten
Milzvergrößerung: Ist immer die Folge einer anderen Krankheit, wie Leberentzündung, Pfeiffersches Drüsenfieber, Herzinnenhautentzündung und anderen Infektionen. Auch Blutkrebs, krankhafte Blutarmut (Anämien), Blutspeicherkrankheiten können sich dahinter verbergen, ebenso eine bestimmte Rheumaerkrankung, gutartige Geschwulste oder Blutgerinnsel.

Milzzysten: Mit Flüssigkeit gefüllte, normalerweise nicht existierende Hohlräume. Können sich nach kleinen Verletzung bilden oder durch Infektion mit dem Hundebandwurm (Echinokokkus granulosus) bilden. Im ersten Fall reicht meist eine Verlaufsbeobachtung; im zweiten müssen die Zysten und evt. die ganze Milz entfernt werden.

Milzriss: Lebensgefährliche Verletzung, denn wegen der guten Durchblutung der Milz besteht die Gefahr der inneren Verblutung. Muss deshalb unbedingt schnell behandelt werden. Milzriss entsteht recht schnell durch einen Stoß oder Schlag in die Magengrube, sowie bei einem Sport- oder Autounfall (Gurt).

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