Autor: Allgemeine Zeitung Alzey
ALZEY: Man trifft sich, treibt ein bisschen Sport und quatscht über alte Zeiten. Ganz so romantisch geht es natürlich nicht zu in der akutgeriatrischen Abteilung im Alzeyer DRK-Krankenhaus. „Aber es ist schon häufiger vorgekommen, dass sich bei uns Patienten wiedertreffen, die zum Beispiel aus benachbarten Gemeinden stammen und sich lange nicht gesehen haben“, erzählt Abteilungsleiterin Katja Weber.
Für das Krankenhaus-Team kann ein solcher Zufall Gold wert sein. Denn bei der Akutgeriatrie geht es darum, vor allem hochbetagte Patienten, die aufgrund einer akuten Erkrankung eingeliefert worden sind, wieder für die elementaren Dinge ihres Alltags bereit zu machen. Soziale Integration ist dabei ein wesentlicher Punkt.
Das multidisziplinäre Team auf der Station im ersten Stockwerk umfasst ergo-, physio- und musiktherapeutische Behandlungsmethoden sowie Pflege und Sozialdienst. Im Sportraum können die Patienten an Gehbalken, auf Balance-Platten, einer Treppenstufe und an der der Sprossenwand ihre motorischen Fähigkeiten wieder beleben. Zudem gibt es zwei Krafttrainer, bei denen ganz dosiert die Muskulatur mobilisiert wird. „Viele haben da erstmals seit vielen Jahren wieder Muskelkater“, erzählt die leitende Physiotherapeutin Sandra Stadtmüller, „oft haben sie Angst, dass da jetzt wieder ein neuer Schmerz entsteht, aber dann kommt der Stolz.“ Aufstehen üben, sich selbst anziehen, die Kleidung dazu auswählen, auch die Pflege des eigenen Körpers – all diese Grundfertigkeiten will das Team der Akutgeriatrie wach rufen. „Die Leute werden aktiviert, angeleitet zur Mobilisation“, erklärt Weber, „das funktioniert auch über die Gemeinschaft. Essen in Gemeinschaft beispielsweise hilft gegen Mangelernährung.“ Was sich vergleichsweis belanglos anhört, ist hoch bedeutend: „Unsere älteren Menschen kommen nicht mehr allein auf die Beine“, sagt Chefarzt Dr. Michael Ysermann, „sie drohen aufgrund ihrer Erkrankungen zum Pflegefall zu werden. Wir möchten verhindern, dass eine akute Pflegebedürftigkeit entsteht.“ Die Methode: Wir versuchen die im Patienten schlummernden Reserven wieder zu wecken.“ Die Abteilung ist erst am 1. Januar diesen Jahres ins Leben gerufen worden. Im DRK-Krankenhaus befinden sich 16 Betten auf der Station, das Team umfasst drei Ärzte, vier Physiotherapeuten, zwei Ergotherapeuten, eine Musiktherapeutin, zwei Mitarbeiter im Sozialdienst sowie mehr als ein Dutzend Pfleger. Einmal die Woche wird jeder einzelne Patient im kompletten Team besprochen, um alle Maßnahmen passgenau aufeinander abzustimmen. Hierbei ist auch die „Entlassung“ zurück ins heimische Umfeld wichtig. Rät man den Angehörigen, einen Rollator oder doch lieber ein Gehgestell anzuschaffen? Gibt es vielleicht Fitnesskurse für Senioren, auf die man verweisen kann? Welche Einschränkungen bringt die Erkrankung mit sich, welche vielleicht noch unerkannten Möglichkeiten könnten bestehen?
„Fordern, aber nicht überfordern“ lautet das Motto auf der Station, erklärt Ysermann. „Die Patienten müssen auch alle mitmachen, es ist kein Angebot, an dem man nur teilnehmen kann, wenn man gerade Lust hat“, sagt Sandra Stadtmüller. Die Behandlungsmethoden sind, anders als in manchen Reha-Kliniken, deutlich weniger standardisiert, da ja stets die eigentliche Erkrankung berücksichtigt werden muss.