20.07.2005
Plötzlich verschwimmt die Umgebung, alles dreht sich und das Herz rast. Auch im Magen macht sich ein mulmiges Gefühl breit und der Kopf hat ohnehin jegliche Orientierung verloren. Schwindel! Viele Menschen lieben dieses Gefühl und bevölkern deshalb Rummelplätze und Vergnügungsparks, um sich in Achterbahnen und auf Riesenrädern zu vergnügen. Der Unterschied ist allerdings, das diese Art Schwindel nicht nur selbst herbeigeführt wird, sondern auch schnell wieder vorbei ist. Treten Schwindelattacken allerdings ohne ersichtlichen Grund und Vorwarnung auf, ängstigen sie die Betroffenen und sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn genauso, wie sich hinter Schwindelattacken völlig harmlose Ursachen, wie ein zu niedriger Blutdruck oder auch einfach Reiseübelkeit verbergen kann, können sie ebenso gut auf ernste Erkrankungen, wie beispielsweise Erkrankungen des Gleichgewichtssystems, einen drohenden Schlaganfall, Infektionen oder sogar auf Tumore hinweisen. Schwindel ist daher immer ein Fall für den Arzt und bedarf unbedingt einer genauen Abklärung.
Morbus Menière
Morbus Meniére ist eine Krankheit, die ihren Namen von dem französischen Arzt Prosper Meniére erhielt. 1861 veröffentlichte er einen Bericht über ein Beschwerdebild, das sich vor allem durch Drehschwindel, Ohrgeräusche und Schwerhörigkeit, bis hin zur Taubheit äußert. Viele Betroffene werden während den plötzlich auftretenden Schwindelattacken, wie Sie ja bereits selbst schilderten, von so starker Übelkeit gequält, dass sie sich sogar übergeben müssen. Auch wenn man das Krankheitsbild seiner Zeit schon kannte, wusste man jedoch noch nicht, wo es seinen Ursprung nahm. Menière fand heraus, dass die Ursache für die Beschwerden im Innenohr zu finden ist. Dort liegt das Gleichgewichtsorgan, das so genannte Labyrinth. Es besteht aus zwei Bläschen und drei Bogengängen, die alle mit Flüssigkeit gefüllt sind und von einer Membran voneinander getrennt werden. Bei Morbus Menière-Patienten scheint sich nun, aus bislang ungeklärter Ursache, der Druck im mittleren Bogengang zu erhöhen. Dieser Bogengang benötigt deshalb mehr Platz und seine Membran drückt dann auf umliegende Kammern und es kommt zu dem typischen Druckgefühl, das den Anfall typischerweise häufig ankündigt. Nicht alle Betroffenen leiden dabei am vollen Krankheitsbild, manchmal äußert sich Morbus Menière auch nur durch Drehschwindel. Auch wenn diese Krankheit bisher nicht heilbar ist, lässt sie sich doch durch Medikamente gut behandeln. Manchmal ist aber auch eine Operation notwendig, in welcher der betreffende Gleichgewichtsnerv ausgeschaltet wird. Bei Menière-Patienten liegt häufig auch eine Begleiterkrankung wie Bluthochdruck oder Diabetes vor.
Morgendlicher Schwindel
Wie so oft möchte ich vor Ferndiagnosen warnen, aber Schwindel am frühen Morgen, der auch noch scheinbar im Zusammenhang mit dem Wetter auftritt, weist eigentlich auf einen zu niedrigen Blutdruck hin. Da es sich hierbei nicht um ein Krankheitsbild handelt, genügt es meist schon, sich, aus der Liegeposition langsam aufzusetzen und sich dann einen schwarzen Tee oder Kaffee zu gönnen. Auch Wechselduschen und regelmäßige sportliche Betätigung helfen, den Blutdruck auf Touren zu bringen. Außerdem ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von mindestens zwei Litern täglich wichtig, um den Blutdruck zu regulieren. Nur in seltenen Fällen ist es notwendig, den niedrigen Blutdruck medikamentös zu behandeln. Manchmal ist Hypotonie, so der Fachausdruck, auch durch eine andere Grunderkrankung bedingt. Befragen Sie dazu Ihren Hausarzt.
Schwindel in Fahrzeugen
Viele Menschen leiden unter diesem Bewegungsschwindel. Die Ursache ist sozusagen ein Datenkonflikt im Gehirn. Dort kommen unterschiedliche Sinneseindrücke an, die deshalb nicht verarbeitet werden können. Beim Autofahren beispielsweise, melden die Augen Bewegung, während das Gleichgewichtsorgan aber kaum Bewegungen wahrnimmt. Auf einem Schiff wiederum, sieht es genau umgekehrt aus. Auf Grund dieser widersprüchlichen Informationen, kommt es zum „Systemabsturz“. Am besten ist es, wenn Sie sich mit Ihrem Blick auf einen Punkt in der Ferne konzentrieren und nicht zu schnelle Kopfbewegungen machen. Sie könnten es auch einmal mit einem so genannten „Scopolamin-Pflaster“ hinterm Ohr versuchen. Durch das Pflaster, mit dem gleichnamigen Wirkstoff, werden Hirn-Botenstoffe freigesetzt, die Schwindelanfälle verhindern. Sie müssen allerdings vom Arzt verschrieben werden. Auch Antihistaminika, jene Mittel, die eigentlich zur Behandlung von Allergien eingesetzt werden, helfen bei Reiseschwindel. Sie können allerdings müde machen. Ingwer-Kapseln haben sich ebenfalls bereits im Kampf gegen die Reisekrankheit bewährt. Probieren Sie aus, was in Ihrem Fall am besten wirkt.
Schwindelattacken durch „Ohrsteinchen“
Gerade bei älteren Menschen kann es passieren, dass sich die Ohrsteinchen, oder Otolithen (so der Fachbegriff), von ihrem ursprünglichen Platz entfernen. Sie stellen einen Teil des Gleichgewichtsorgans dar und wenn sie sich von den Bogengängen der Ohrschnecke entfernt haben, können sie irritierende Signale ans Gehirn schicken, welche dann zu Schwindelattacken führen. Daher müssen sie wieder zurück an ihren ursprünglichen Ort gebracht werden. Zu diesem Zweck reicht es oftmals schon aus, wenn Sie unter Anleitung Ihres HNO-Arztes spezielle Übungen in einer festgelegten Reihenfolge durchführen. Auf Grund der raschen Kopf- und Oberkörperbewegungen werden die Steinchen (gewöhnlich Kalziumkristalle) wieder zurück gebracht und verursachen so keine Beschwerden mehr.
Schwindel und seelische Ursachen
Bei jedem fünften Schwindel-Patienten sind wahrscheinlich psychische Störungen die Ursache der Schwindelattacken. Oft weist schon ein ausführliches, tiefer gehendes Gespräch auf Depressionen, Ängste und Erschöpfungszustände hin, welche die Schwindelattacken verursachen. Versuchen Sie einfühlsam mit Ihrer Frau über diese Möglichkeit zu sprechen; bedrängen Sie sie aber nicht. Zur Behandlung von so genantem Angst-Schwindel wenden Psychologen und Psychotherapeuten häufig spezielle Entspannungstechniken und Verhaltenstrainings an. Auch in medikamentöser Hinsicht stehen uns äußerst wirksame Präparate zur Verfügung. Sie sollten natürlich nur falls unbedingt notwendig über einen begrenzten Zeitraum eingesetzt werden. Wie gesagt, sprechen Sie zunächst einmal mit Ihrer Frau über einen eventuell psychischen Ursprung der Schwindelattacken.