Klonen und Stammzellentherapie

Hexenwerk oder Segen für die Medizin: Klonen und Stammzellentherapie

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18.03.2001

In einer großen Sonntagszeitung war von dem römischen Frauenarzt Dr. Severino Antinori zu lesen, der zusammen mit seinem Forscherteam demnächst einen Menschen klonen möchte, nachdem er schon mehreren bislang unfruchtbaren Paaren zu Kindern verholfen hat. Spektakulär war auch die Mutterschaft einer 62jährigen, praktisch also nach den so genannten Wechseljahren. Was verbirgt sich hinter dem Klonen eines Menschen? Dazu wird in eine „leere Eizelle“, d. h. die Eizelle einer Frau, aus der alle Erbanlagen gelöscht wurden, eine männliche Zelle gespritzt. So wächst anschließend in der Gebärmutter einer Frau (es kann sich dabei auch um eine Leihmutter handeln, die den Spender der männlichen Zelle gar nicht kennt) ein Baby heran, welches genau dann diesem Mann entspricht, dessen Zelle in die „leere Eizelle“ gebracht wurde. Es wäre dann ein völlig identischer Klon dieses Mannes entstanden. So wäre es möglich, dass auch Paare Eltern würden, denen mit gängigen Behandlungsmethoden bislang nicht zu helfen war. Auf den ersten Blick also durchaus eine sinnvolle Methode? Möglich wäre sogar noch eine Veränderung, sprich Verbesserung der üblichen Erbinformationen wie z. B. Beeinflussung der Intelligenz mehr in den mathematischen Bereich, eine andere Haar- oder Augenfarbe usw. usw. Kenntnis und Manipulationsmöglichkeit der menschlichen Gene lassen fast alle Möglichkeiten zu.

Keine Frage, hier muss Einhalt geboten werden. Auf keinen Fall kann ein einziger Arzt zusammen mit den Eltern darüber entscheiden, welches Kind hier bedarfsgerecht (aussehensmäßig im Trend liegend und nach dem Arbeitsmarkt) heranwachsen soll. Dass hier auch sinnvolle Möglichkeiten für unfruchtbare Paare sich ergeben, steht außer Frage. Wann aber wie und welche Methoden zum Einsatz kommen, kann nur eine unabhängige Ethikkommission entscheiden.

Bei der ganzen Diskussion dürfen aber ähnliche Methoden wie z. B. die Stammzellentherapie nicht in den gleichen Topf geworfen werden zusammen mit dem Thema Klonen. Damit würde dieser neuen Therapiemöglichkeit im Kampf gegen bislang unheilbare Krankheiten wie Krebs, Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose, Diabetes usw. der Boden entzogen werden, sich weiter zu entwickeln. Stammzellen sind „Alleskönner“. Sie sind in der Lage, aus sich heraus alle möglichen Körpergewebe wie beispielsweise Nerven oder Hautzellen oder sogar Organe bilden zu können. Es muss zwar noch intensiv daran gearbeitet werden, doch viele Wissenschaftler sehen in den Stammzellen Therapiechancen für bislang unheilbare Krankheiten wie beispielsweise Krebs, Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose oder Diabetes. Tatsächlich ist es bereits gelungen, Muskel- und Nervenzellen aus embryonalen Stammzellen zu erzeugen. Die Entwicklung komplexer Organe wird zwar noch jahrelange Forschung benötigen, dennoch zählt die Stammzellentherapie zu dem Spannendsten, was die moderne medizinische Forschung zur Zeit zu bieten hat.

Ein grundlegendes Problem ist jedoch die Stammzellgewinnung. Die Forschung in den USA und Großbritannien stützt sich derzeit vor allem auf embryonales Gewebe, das besonders reich an Stammzellen ist. Hierfür wiederum müssen jedoch menschliche Embryonen geopfert werden. Jegliche Forschung an humanen Embryonen hat der Gesetzgeber hier zu Lande aber schon vor über 10 Jahren strikt untersagt, und auch jetzt werden von vielen verschiedenen Seiten erhebliche ethische und moralische Bedenken laut. Es muss allerdings der Begriff „Embryonen“ erläutert werden. Er bezeichnet eine im Mutterleib wachsende Frucht bis zum dritten Schwangerschaftsmonat. Beim Streitfaktor embryonale Stammzellen jedoch handelt es sich um ein sehr frühes Stadium, das so genannte Keimbläschenstadium einer befruchteten Eizelle, die aus erst vier bis sechzehn Zellen besteht, sich aber nicht in der Gebärmutter befindet. Solche frühen Embryonen entstehen bei der vielfach praktizierten künstlichen Befruchtung. Die Forschungen beziehen sich nun auf die überzähligen Keimbläschen, die nicht in die Gebärmutter der Frau eingesetzt werden. Die britischen Wissenschaftler z. B. wollen aus körpereigenen Zellen von Patienten den Zellkern entnehmen und ihn in eine entkernte Eizelle einbringen. Aus dem in der Kulturschale entstehenden frühen Embryo könnten dann embryonale Stammzellen gewonnen, diese kopiert und so ganz gezielt zur Herstellung von z. B. Nerven, Muskeln, Blut oder Knochen genutzt werden. Dieses Verfahren hätte den Vorteil, dass die so gewonnenen Zellen das Erbgut des Patienten tragen und nach einer Transplantation nicht abgestoßen würden. Hier kommen wir natürlich wieder in den schon weiter oben beschriebenen Bereich des Klonens bzw. besser des therapeutischen Klonens. Therapeutisch deshalb, weil damit chronisch Kranke wie z. B. Parkinson-Patienten Hoffnung schöpfen könnten. Hierbei könnte dann das Gewebe, das in ihrem Gehirn abstirbt, durch gesunde geklonte Stammzellen (neues, gesundes Gehirngewebe) ersetzt werden. Die britische Regierung will das therapeutische Klonen unter strengen Richtlinien erlauben. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Vom eben beschriebenen therapeutischen Klonen muss das so genannte reproduktive Klonen des Herrn Dr. Severino Antinori deutlich abgegrenzt werden, welches in Großbritannien übrigens auch untersagt ist.

Zurück zu den Stammzellen, die auch ohne Embryo gewonnen werden können. Selbst beim erwachsenen Menschen sind noch Stammzellen vorhanden. Gewöhnlich gelangt aber nur ein sehr kleiner Teil dieser Stammzellen aus dem Knochenmark in den Blutkreislauf. Durch die Behandlung mit so genannten Wachstumsfaktoren ist es heute jedoch möglich, vorübergehend Stammzellen in großer Zahl aus dem Knochenmark in den Blutkreislauf auszuschwemmen. Diese Blutstammzellen werden dann quasi abgesammelt, was sich mit einer Blutwäsche vergleichen lässt. Eine weitere Quelle von Stammzellen ist das Nabelschnurblut. Schon seit längerem weiß man, dass das Blut aus der Hauptvene der Nabelschnur blutbildende Stammzellen enthält. Diese werden heute bereits für die Therapie bestimmter Blutkrebsarten erfolgreich verwendet. Darüber hinaus finden sich im Nabelschnurblut aber auch weitere Stammzellen für eine Vielzahl anderer Körpergewebe. Da die Nabelschnur nach der Geburt in der Regel in den Müll wandert und bei der Entnahme von Nabelschnurblut weder Mutter noch Kind geschädigt werden, sind Nabelschnur-Stammzellen also eine ethisch unbedenkliche Alternative zu embryonalen Stammzellen. Diese Tatsache ist in der politischen Diskussion allerdings noch wenig berücksichtigt worden. Und auch in der breiten öffentlichkeit ist kaum bekannt, welche wertvollen biologischen Schätze im Nabelschnurblut verborgen sind. Hier ist dringend Aufklärung notwendig: Das Nabelschnurblut kann eingelagert werden. Dadurch könnten einerseits Eltern ihrem Kind die bestmöglichen Chancen für das spätere Leben einräumen und andererseits kann das Nabelschnurblut auch einer öffentlichen Nabelschnurblutbank gespendet werden und würde so der Allgemeinheit für den Bedarfsfall zur Verfügung stehen.

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