11.07.2001
Vorurteile über Epileptiker sind weit verbreitet. Betroffene werden für verrückt, geisteskrank, aggressiv oder dumm gehalten. Erlebt man zufällig den Anfall eines Patienten mit, reichen die Reaktionen von Schock bis Mitleid und fast immer Hilflosigkeit. Aufklärung tut also Not. Tatsache ist: Keines der Vorurteile stimmt. Rund 700000 Menschen in Deutschland sind Epileptiker und führen ein ganz normales Leben, mit nur kleinen Einschränkungen.
Die Krankheit Epilepsie beruht auf einer Funktionsstörung des Gehirns. Sie kann jeden treffen, unabhängig von Geschlecht und Alter. Zwar kann die Veranlagung zur Krankheit vererbt werden, aber nicht die Epilepsie selbst. Mögliche Ursachen können Hirnschädigungen (bei Geburt oder Schwangerschaft), Hirnhautentzündungen im Kindesalter, Unfälle, Tumoren oder Stoffwechselerkrankungen sein.
Bemerkbar macht das Leiden sich durch regelmäßige (mehr als zwei pro Jahr) Krampfanfälle. Dabei treten plötzliche extreme Aktivitäten des Gehirns auf.
Mediziner unterscheiden eine Vielzahl von Anfallsarten, die sich in der Ausprägung und im Ablauf unterscheiden.
Was die meisten Laien unter einem epileptischen Anfall verstehen, nämlich das plötzliche Hinstürzen, verkrampfte Zucken mit Schaum vor dem Mund (als tonisch-klonischer Anfall, „Grand Mal“ oder großer Krampfanfall bezeichnet), ist nur eine Ausprägung von Epilepsie. Genauso zählen ganz kurze Bewusstseinsunterbrechungen, Absencen genannt (z. B. wenn Kinder plötzlich verträumt in die Gegend starren), Automatismen wie heftiges Schmatzen oder an der Kleidung nesteln, psychomotorischer Anfall genannt, oder die Aura – subjektive Wahrnehmungen (z. B. Lichtblitze, Gerüche oder ein komischer Geschmack im Mund) – dazu.
Therapiert wird Epilepsie in der Regel durch Medikamente (Antiepileptika). Mit ihrer Hilfe wird versucht, eine möglichst lange Anfallsfreiheit zu erreichen. Auf diese Weise können die meisten Epileptiker ein weitgehend normales Leben führen. Dennoch gibt es beim Umgang mit Epilepsie Einiges zu beachten – einmal als Betroffener aber auch als Außenstehender.
Als Betroffener gilt:
– In der Freizeit sollten Sie die allgemeinen Schutzempfehlungen einhalten (z. B. Schwimmen nur unter Aufsicht, Radfahren mit Helm).
Autofahren ist nicht erlaubt, erst bei Anfallsfreiheit von zwei Jahren.
– Ganz wichtig: Unterrichten Sie Ihre Umwelt (Freunde, Kollegen, Verwandte, Sportkameraden usw.) über Ihr Leiden und weisen Sie auf Sofort- und Hilfsmaßnahmen hin.
– Meist spüren Sie, wenn sich ein Krampf nähert. Sagen Sie jemandem Bescheid, was er während und unmittelbar danach für Sie tun kann.
Ebenso gibt es für Außenstehende einige Erste-Hilfe-Maßnahmen, damit Sie richtig reagieren, wenn jemand in Ihrer Nähe einen epileptischen Anfall, und speziell einen großen Krampfanfall erleidet.
– Entfernen Sie den Betroffenen aus einem Gefahrenbereich (Straßenverkehr, Treppenbereich)
– Entfernen Sie gefährdende Gegenstände bei Um-sich-schlagen (Brille, Werkzeuge, Möbel)
– Lagern Sie ihn geschützt (Kopfunterlage)
Sorgen Sie auch für Betreuung direkt nach dem Anfall:
– bei eintretender Ruhephase in Seitenlage bringen (Speichelabfluss ermöglichen)
– Kleidung insbesondere am Hals lockern und damit Atmung erleichtern
– freundlich ansprechen und so den Zeitpunkt kontrollieren, zu dem das Bewusstsein zurückkehrt
– nach Kopfverletzungen sehen
Hilfestellung in der Phase des Bewusstwerdens und der Erholung:
– Hilfsbereitschaft zusagen, Gaffer zum Weitergehen auffordern
– nach seinen Wünschen fragen, seinen vernünftigen Anweisungen folgen
– Begleitung anbieten und für ihn eine mögliche notwendige Gelegenheit zum Ausruhen erkunden.
– Dauert ein Anfall länger als fünf Minuten, verständigen Sie unbedingt einen Notarzt.
Info:
Deutsche Epilepsievereinigung
Zillestr. 102
10585 Berlin
Hotline (Mo-Fr 10-16 Uhr):
0180/1 42 42 42