Blasenschwäche

16.12.2004

Weltweit leiden rund 200 Millionen Menschen an Blasenschwäche. Die Wenigsten von ihnen haben den Mut, ihren Arzt darüber zu informieren. Denn Blasenschwäche ist in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabu-Thema. Oft wird sie nicht als eine Krankheit, sondern viel mehr als ein Fehlverhalten angesehen, für das die Betroffenen selbst verantwortlich sind. Dem ist aber nicht so! Blasenschwäche ist eine Erkrankung, die eine Ursache hat und somit in der Regel behandelbar ist. Menschen, die von ihr betroffen sind, nehmen meist eine stark verminderte Lebensqualität in Kauf. Oft leiden sie unter Sozialängsten und einer eingeschränkten Sexualität. Grund genug etwas zu unternehmen!


Welche Formen der Blasenschwäche gibt es?

Die meisten Frauen sind von der so genannten „Stressinkontinenz“ betroffen. So nennt der Mediziner die Blasenschwäche, wenn es bei bestimmten Tätigkeiten, wie beispielsweise Niesen, Husten, Treppensteigen oder Lachen zum unfreiwilligen Harnabgang kommt. Patienten, die an einer „Dranginkontinenz“ leiden, haben wiederum mit einem erhöhten Harndrang zu kämpfen. Die Blase ist dabei meist kaum gefüllt. Bei dieser speziellen Form der Blasenschwäche spricht man oft auch von einer Reizblase. Die „Reflexinkontinenz“ hingegen kommt eher selten vor. Sie wird durch eine gestörte Nervenleitung, nämlich von der Harnblase zum Gehirn, verursacht. Hierfür ist gewöhnlich eine Erkrankung des Rückenmarks verantwortlich. Durch eine Verengung der Harnröhre kann es zu einer weiteren Form der Blasenschwäche kommen, die gemeinhin als „Überlaufkontinenz“ bezeichnet wird.


Was ist die Ursache einer Stressinkontinenz und was kann man dagegen tun?

Bei der Stress- oder auch Belastungsinkontinenz liegt eine Schließmuskelschwäche vor, weswegen Urin aus der Harnröhre austritt, sobald der Blasendruck den Schließmuskeldruck, der ohnehin erniedrigt ist, übersteigt. Besonders Frauen, die nach mehreren Geburten, eine Beckenbodenschwäche haben, leiden an dieser Form der Blasenschwäche, da die Beckenbodenmuskulatur nicht mehr regulierend auf den geschwächten Verschlussmechanismus wirken kann. Bei dieser Form der Blasenschwäche ist es sinnvoll, durch gezieltes Training die Beckenbodenmuskulatur zu stärken. Zu diesem Zweck gibt es spezielle Übungen, die mehrmals täglich für einige Minuten durchgeführt werden sollten und meist schon nach acht bis zwölf Wochen eine Besserung bewirken. Erlernen können Sie diese Übungen durch entsprechend ausgebildete Therapeuten. Am besten wäre es, wenn diese Übungen bereits während der Schwangerschaft durchgeführt würden. Befragen Sie diesbezüglich Ihren Frauenarzt. Übrigens kann eine Stressinkontinenz oft auch schlicht dadurch gelindert werden, indem man überflüssiges Gewicht reduziert.


Kann man eine Blasenschwäche auch medikamentös behandeln?

Ja. So kann heute zum Glück auch die Stress- oder Belastungsinkontinenz mit Medikamenten behandelt werden, die die Spannung (Tonus) des äußeren Harnröhrenschließmuskels erhöht. Handelt es sich um eine Dranginkontinenz, sind Medikamente sinnvoll, die eine Entspannung der Blasenmuskulatur bewirken. Auch die Einnahme von Östrogenen kann unter Umständen empfehlenswert sein. Vor allem dann, wenn die Blasenschwäche bei einer Patientin auftritt, die sich jenseits der Wechseljahre befindet und daher eine verminderte Östrogenproduktion vorliegt. Denn die Schleimhaut von Scheide und Harnröhre entwickelt sich durch den Hormonmangel regelrecht zurück. In so einem Fall können Hormoncremes und Scheidenzäpfchen äußerst hilfreich sein. Gleichzeitig werden auch Probleme, wie beispielsweise Scheidentrockenheit behoben, die gewöhnlich ebenfalls auf einen Östrogenmangel zurückzuführen sind. Lassen Sie sich diesbezüglich von Ihrem Hausarzt beraten, damit er Ihnen das Präparat, welches für Sie am besten ist, verschreiben kann.


Welche operativen Behandlungsmöglichkeiten der Stressinkontinenz gibt es?

Die Stressinkontinenz geht meist nicht nur mit einer erschlafften Beckenbodenmuskulatur einher, sondern auch mit der Senkung von Gebärmutter, Harnblase und Harnröhre. In so einem Fall bietet sich das so genannte TVT-Schlingenverfahren an. Die Anfangsbuchstaben „TVT“ stehen dabei für die englische Beschreibung „Tension free Vaginal Tape“, was sich im Deutschen mit „spannungsfreies Vaginalband“ übersetzen lässt. Diese Operationsmethode wurde 1995 von einem schwedischen Arzt entwickelt und gilt seitdem als Standardverfahren zur Behandlung von Stressinkontinenz. Unter örtlicher Betäubung wird operativ ein spannungsfreies Vaginalband angebracht, dessen Zweck es ist, die Harnröhre anzuheben und bei Belastung den mittleren Teil der Harnröhre zu stützen. Durch die gitterartige Struktur des Bandes wird es schnell vom Körpergewebe umschlossen und muss nicht angenäht werden, da es von alleine im Gewebe haftet. Der Eingriff dauert nur eine halbe Stunde. Der Patientin steht meist nur ein ein- bis dreitägiger Krankenhausaufenthalt bevor.

Woran kann es liegen, dass man im Laufe sehr häufig einen starken Harndrang verspürt?

Es handelt sich dann wahrscheinlich um die Form der Blasenschwäche, die man „Dranginkontinenz“ nennt. Für diesen starken, häufigen Harndrang kann es mehrere Ursachen geben. So kann es beispielsweise sein, dass Ihre Harnblasenschleimhaut infolge von wiederholten Blasenentzündungen überempfindlich geworden ist und deshalb bereits bei geringer Harnmenge ein erhöhter Harndrang besteht. Aber auch Blasensteine, Tumore sowie Fremdkörper und seelischer Stress können Auslöser dieser Dranginkontinenz sein. Zudem gibt es auch Medikamente, die für einen starken Harndrang verantwortlich sein können. Dazu gehören beispielsweise auch blutdrucksenkende Medikamente. Sprechen Sie ruhig Ihren Hausarzt darauf an. Er kann nach einer Untersuchung Ihnen eine geeignete Therapie nennen.

Print Friendly, PDF & Email