01.12.2005
Die Bauchspeicheldrüse ist ein Organ, das oft lebenslang still und bescheiden seine Aufgaben verrichtet. Aber der Eindruck täuscht. Das zierliche Organ hat einen mächtigen Einfluss auf die Gesundheit und Funktionstüchtigkeit des Menschen. Und kommt es zu einer schweren Entzündung, führt diese bei acht von zehn Patienten sogar zum Tod. Wenn das kein Grund ist, einmal seinen Augenmerk auf die Bauchspeicheldrüse zu richten und sie bestmöglich zu hegen und pflegen?
Die Bauchspeicheldrüse sieht aus wie ein längliches Blatt von etwa 12 bis 18 Zentimetern Länge. Sie wird durchzogen von einem Gebilde, das aussieht wie eine Blattader und ihrer Seitenäderchen. Dies ist der Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse. Denn die Bauchspeicheldrüse ist ein produktives Organ: Sie produziert pro Tag einen halben bis eineinhalb Liter Bauchspeichel, das sind Verdauungsenzyme, die sie in den Zwölffingerdarm abgibt; sie produziert außerdem die Hormone Insulin und Glukagon, die den Blutzuckerspiegel steuern; und sie produziert eine erhebliche Menge von Natriumhydrogenkarbonat, das ebenfalls in den Zwölffingerdarm abgegeben wird, um die Magensäure zu neutralisieren.
Am bekanntesten ist die Bauchspeicheldrüse wegen ihrer Wirkung auf den Blutzuckergehalt. Denn sie enthält über das ganze Organ verstreut Gruppen von Hormondrüsen, die nach ihrem Entdecker benannt wurden, die so genannten Langerhansschen Inseln. In den dortigen B-Zellen wird Insulin (Name kommt von Insel) gebildet. Dieses Hormon gelangt direkt in das Blut und sorgt dafür, dass der mit den Nahrungsbestandteilen ins Blut gelangte Zucker, die Glukose, in die Körperzellen geschleust wird. Haben wir permanent zuviel Glukose im Blut – indem wir zu süß essen oder zuwenig Sport machen – werden die Langerhansscher Inselzellen immer ein bisschen überfordert. Das machen sie vielleicht ein paar Jahre lang mit, dann sind sie erschöpft und geben auf. Die Folge ist Ihnen bekannt: Diabetes mellitus. Es kann dann nicht mehr genügend Insulin produziert werden, welches der Körper aber braucht, um die Muskelzellen für den Energiestoff Glukose aufzuschließen. Die Glukose bleibt im Blut, und richtet auf Dauer Schäden in Organen und Nervenzellen an. Und den Muskeln mangelt es an Glukose, weshalb sich unbehandelte Diabetiker unbeschreiblich schlapp fühlen.
Die meisten anderen Zellen der Bauchspeicheldrüse haben mit der Insulinproduktion nichts zu tun. Sie produzieren den Pankreassaft oder Bauchspeichel, der über den Ausführungsgang in den Zwölffingerdarm eingeleitet wird. Dies war auch die Aufgabe, die dem Organ auch als erstes zugeordnet worden ist, so entstand der Name Bauchspeicheldrüse. Der Bauchspeichel setzt sich zusammen aus reichlich Bikarbonat-Ionen und aus Verdauungsenzymen. Bikarbonat-Ionen haben eine besondere chemische Eigenschaft: Sie sind alkalisch, also das Gegenteil von sauer. Sie gelangen dort in den Verdauungsbrei, wo dieser gerade den Magen verlassen hat und noch viel ätzende Magensäure enthält, und neutralisiert sie. Denn im Darm hat die Magensäure nichts mehr zu suchen, hier würde sie die Darmwand angreifen und die Arbeit der Verdauungsenzyme stören. Enzyme sind eine Art Beschleuniger. Sie sind im Mundspeichel, im Magensaft und im Darm enthalten. Für den Darm werden sie u.a. von der Bauchspeicheldrüse gebildet. Sie braucht man für die Spaltung von Fetten, Eiweiß und Kohlenhydraten. Ohne die Bauchspeicheldrüse könnten wir zwar einen Großteil der Kohlenhydrate aber kein Fett und nur einen Teil der Eiweiße verdauen. Auch hier haben wir es in der Hand, die Arbeit der Bauchspeicheldrüse zu erleichtern oder zu erschweren. Erleichtern können wir sie, indem wir die Nahrung gut kauen. Denn dann wird es für die Verdauungssäfte des Pankreas leichter, diese aufzuspalten. Erschweren können wir ihre Arbeit, indem wir solche Speisen und Getränke zuführen, die ihr so richtig zu schaffen machen. Diese sind vor allem Alkohol und Fett.
Gelangt nämlich fettreicher Speisebrei in den Zwölffingerdarm, so signalisiert die dortige Schleimhaut sofort (über Hormone) an die Bauchspeicheldrüse, dass sie mehr aufspaltende Enzyme braucht. Geschieht dies mehrmals täglich in großer Menge, überarbeitet sich die Bauchspeicheldrüse, was zu einer Entzündung führen kann. Der jahrelange tägliche Konsum von etwa einem halben Liter Wein oder vier Flaschen Bier hingegen kann zu einer Verstopfung der kleinen Gänge in der Bauchspeicheldrüse führen. Gallensteine im Oddi-Sphinkter, dem gemeinsame Eingang in den Zwölffingerdarm für Bauchspeichel und Galle, können einen Rückstau des Bauchspeichels zur Folge haben. In beiden Fällen kann es passieren, dass die Enzyme des gestauten Bauchspeichels anfangen, die Bauchspeichelzellen zu „verdauen“, sprich zu zerstören. Dies ist eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung. Wird sie nicht gestoppt, fressen sich die Enzyme einen Weg durch das Organ und gelangen, zusammen mit Zellgiften, in den Bauchraum und in den Blutweg. Dadurch werden andere Organe angegriffen. Dies kann zum Schock führen und ist lebensbedrohlich.
Woran Sie Krankheiten erkennen
Unbeschreiblich starke Schmerzen signalisieren eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung. Die Schmerzen befinden sich nicht dort, wo sich die Drüse befindet, sondern unterhalb des Brustbeins. Aufrechtes Sitzen und Vorbeugen können etwas Erleichterung bringen. Husten, starke Bewegungen und tiefes Atmen verschlimmern sie. Die Menschen sehen krank aus, schwitzen, haben einen erhöhten Puls und atmen flach und schnell.
Bei einer chronischen Entzündung, die leichter verläuft, aber länger anhält, sind die Schmerzen erträglicher. Hier zeigt sich die Störung zuerst an diffuser Übelkeit und an breiigen bis flüssigen Stühlen. Wenn sie auch noch fettig glänzen, ist dies ein Zeichen dafür, dass die Fettverdauung reduziert ist. Kleinste Mengen von Fett, Alkohol oder überhaupt von Nahrung werden nicht vertragen.
Krankheiten der Bauchspeicheldrüse
Chronische Entzündung: Häufig aufgrund von Alkoholmissbrauch. Hier sterben langsam immer mehr Pankreaszellen ab. Therapie: Erst einmal kein Essen und Trinken mehr, Absaugen der Magensäure. Gabe von Säureblockern um den Darm zu schützen, und von Bauchspeichelenzymen, um die Verdauung zu fördern.
Akute Entzündung: Gefahr des Durchbruchs, bei dem sich Verdauungsenzyme in den Bauchraum ergießen. Gefahr: Schädigung der Umgebung und Schock. Dann muss oft operiert werden, um die verstopften Wege zu öffnen und das abgestorbene Gewebe abzutragen.
Gutartige Geschwulste: Betreffen oft die hormonproduzierenden Inselzellen. Müssen herausoperiert werden.
Bösartige Geschwulste: Sehr gefährliche Krebsart, betrifft meist Männer zwischen 50 und 60, siedelt sich meist in den bauchspeichelproduzierenden Zellen an. Wächst lange ohne Vorzeichen, wenn er entdeckt wird, ist es meist für eine Heilung zu spät.
Zyste: Kommt selten vor, es bildet sich ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum im Organ. Bei der Pseudozyste ist Blut enthalten, oft nach einem Unfall. Größere Zysten können Rückenschmerzen verursachen, kleinere Zysten sind oft unbemerkt.