Autor: Allgemeine Zeitung Alzey
Auf Palliativstation des Alzeyer DRK-Krankenhauses stehen Bedürfnisse todkranker Patienten im Mittelpunkt
Die zierliche Frau sitzt im Rollstuhl, das Atmen fällt ihr schwer. „Wir sterben schon seit über zehn Jahren“, sagt Gabriele Brendle-Delle und blickt liebevoll zu ihrem Mann Manfred. Seit 2001 ein Tumor ihren Körper befallen hat und sich fünf Jahre später Metastasen bildeten, durchlebt die Dorn-Dürkheimerin ein Martyrium. Der Lebenswille der todkranken Frau scheint jedoch ungebrochen.
„Da wächst Zuversicht“
Ihre Kraft schöpft sie aus der Zuneigung ihres Mannes, der sie pflegt, und aus der Betreuung, die sie auf der Palliativstation des DRK-Krankenhauses erfährt. „Wenn sie hier ist, gibt ihr das immer einen Schub – da wächst neue Zuversicht“, sagt Manfred Delle, der seine schwerstkranke Frau auf der Station in besten Händen weiß. „Das ist überwältigend, wie man sich hier um sie kümmert“, antwortet Delle auf die Frage nach der Atmosphäre auf der Palliativstation.
Die Zuwendung, die jeder Patient erfährt, ist der Grundpfeiler. „Palliativmedizin ist ein kommunikatives Fach“, verdeutlicht der leitende Oberarzt Christoph Kern. Statt Apparatemedizin geht es hier um das Gespräch, die Konzentration auf die Bedürfnisse der schwerstkranken Menschen, die am Ende ihres Lebens angekommen sind. Sie sind im medizinischen Sinne austherapiert. „Was nun zählt, ist das, was für sie wichtig ist – und sei es eine Zigarette“, sagt Kern. So dürfen etwa Angehörige kostenlos im Zimmer der Kranken übernachten.
Zirka 80 Prozent der Patienten haben eine Krebserkrankung, aber auch neurologische Krankheitsbilder, wie etwa schwere Schlaganfälle, oder chronische Erkrankungen in weit fortgeschrittenem Stadium, wie eine Herzmuskelschwäche, sowie Patienten mit chronischen Infektionskrankheiten wie Hepatitis zählen zur Klientel. Im Gegensatz zum Hospiz ist eine Palliativstation jedoch keine Sterbestätte. „Das oberste Ziel ist immer die Entlassung nach Hause“, sagt der leitende Oberarzt. Schmerzen, Übelkeit und Atemnot sind die drei Symptome, die medizinisch im Fokus stehen. „Sterben zu müssen macht den meisten keine Angst, wenn sie wissen, dass sie keine Furcht vor diesen Symptomen haben müssen“, weiß Schwester Stefanie Petry-Kern aus ihrer beruflichen Erfahrung. Die Arbeit auf der Palliativstation ist für sie erfüllend, doch gibt es auch belastende Momente. „Man überlegt bewusster, was man tut und freut sich mehr über die kleinen Dinge des Lebens, einen Händedruck oder das Vogelzwitschern“, sagt Kerstin Fey-Dussa vom Sozialdienst.
Fünf Zimmer gibt es auf der Station, die im Mai 2010 ihren Betrieb aufnahm. Hier arbeiten neun speziell ausgebildete Krankenschwestern in Teilzeit. „Die Eindrücke des multiprofessionellen Teams werden bei der wöchentlichen Teambesprechung zusammengetragen und Problemlösungen diskutiert“, schildert Pflegedienstleiterin Astrid Germann. Denn zum Team der Station gehören neben Ärzten und Schwestern auch Seelsorger, Hospizhelfer, Sozialarbeiter und Physiotherapeuten. Zudem arbeitet man intensiv mit dem Netzwerk zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) zusammen. Sie alle arbeiten nach dem von Cicely Saunders, englische Ärztin und Begründerin der modernen Palliativmedizin, geprägten Leitsatz: „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben.“ Vor diesem Hintergrund freuen sich Kern und Germann mit ihrem Team über die Unterstützung durch die Aktion „Leser helfen“ der Allgemeinen Zeitung und der Wormser Zeitung. Mit den Spenden der Leser sollen „Vis-a-Vis“-Betten angeschafft werden. „Diese Betten haben einen großen praktischen Nutzen für unsere Patienten. Auch wenn sie nicht aus dem Bett aufstehen können, ist es ihnen möglich, eine sitzende Position einzunehmen, so zu essen oder zu kommunizieren“, beschreibt Astrid Germann. Wenig belastendes Kreislauftraining sei so möglich. Zudem ermögliche das Aufstehen nach vorne eine wesentlich einfachere Mobilisation der Patienten.
BENEFIZ: REICHOW UND HOFSÄNGER
Zum Auftakt der Aktion „Leser helfen“ stehen am Dienstag, 30. Oktober, 20 Uhr, in der Sporthalle der Gustav-Heinemann-Realschule plus in Alzey erstmals der Kabarettist Lars Reichow und die Mainzer Hofsänger gemeinsam auf einer Bühne.
Ein Teil des Erlöses ist für die Alzeyer Palliativstation bestimmt, der Rest für die anderen lokalen „Leser helfen“-Projekte.
Partner des Benefizkonzerts sind Lotto Rheinland-Pfalz, die Stadt Alzey, die Volksbank Alzey und die Allgemeine Zeitung.
Karten zu 25 Euro gibt es in Alzey bei der Buchhandlung Machwirth und Lotto Schäfer im Rheinhessen-Center, bei den Kundencentern der AZ in Mainz und der WZ in Worms sowie im Internet unter www.adticket.de und www. eventim.de.
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